Die Bundesregierung plant mit der Frühstart-Rente eine neue Komponente der Altersvorsorge: Kinder und Jugendliche sollen früh an kapitalgedeckte Anlage herangeführt werden – mit einem kleinen, staatlichen Zuschuss, der automatisch und breit gestreut am Kapitalmarkt investiert wird. Ziel ist, Renditechancen zu nutzen, Finanzbildung zu fördern und langfristig die Säulen der Rente zu verbreitern.
Was ist die Frühstart-Rente?
Die Frühstart-Rente ist eine geplante staatlich geförderte Vorsorge für Kinder zwischen etwa 6 und 18 Jahren. Nach den aktuell bekannten Eckpunkten sollen monatlich 10 Euro pro Kind vom Staat in ein kapitalmarktbasiertes Standardprodukt fließen. Die Förderung würde zwölf Jahre laufen (insgesamt 1.440 Euro Zuschuss, zuzüglich Erträgen). Das Guthaben soll bis zum Rentenalter angelegt bleiben; ab Volljährigkeit kann das Kind bzw. der junge Erwachsene eigene Beiträge ergänzen. Details sind noch in der Abstimmung, doch die Richtung ist klar: früh, standardisiert, kostengünstig, renditeorientiert.
Motivation: Warum will die Regierung das?
Dafür gibt es drei zentrale Motive:
- Renditelücke schließen: Wer nie am Kapitalmarkt teilnimmt, verpasst langfristig höhere Ertragschancen. Ein früher, automatischer Einstieg kann das ändern.
- Finanzbildung stärken: Positive Erfahrungen in jungen Jahren prägen das Anlageverhalten über Jahrzehnte; das stärkt auch die Aktienkultur in Deutschland.
- Säulen verbreitern: Umlage plus Kapitaldeckung – das System soll robuster werden, ohne die gesetzliche Rente zu ersetzen.
Wie soll die Frühstart-Rente funktionieren?
Zielgruppe: Kinder/Jugendliche in Deutschland (geplant: ab Schulalter - 6 Jahre). Eine Bedingung, die in mehreren Papieren genannt wird: Besuch einer Bildungseinrichtung in Deutschland.
Förderhöhe: 10 €/Monat vom Staat, 120 €/Jahr – maximal 1.440 € über 12 Jahre bis zum 18. Geburtstag. Eigene Einzahlungen sind ab 18 (teils auch früher diskutiert) zusätzlich möglich.
Anlagevehikel: Ein kostengünstiges Standardprodukt (Default/„Opt-out“) mit breiter Streuung. Die konkrete Produktauswahl ist noch offen. Ökonomische Gutachten plädieren für ein transparentes, bürokratiearmes Produkt (z. B. global streuender Fonds mit klaren Regeln), um Riester-Fehler (Komplexität, Kosten) zu vermeiden.
Verwaltung/Depot: In vielen Vorschlägen wird eine automatisierte, staatlich koordinierte Abwicklung mit privaten Anbietern diskutiert – wichtig sind Standardisierung und Kostenkontrolle. Bei Volljährigkeit soll das Konto an die junge Person übergehen, ggf. in ein reguläres Depot (ohne starre Garantien).
Auszahlungsphase: Noch nicht final festgezurrt. Tendenz: langfristige Bindung bis zur Rente; Fragen zur Teil-Entnahme (z. B. Ausbildung) sind politisch umstritten.
Kritik – Pro & Contra auf einen Blick
Pluspunkte:
- Früher Kapitalmarkteinstieg – Zeit ist der größte Hebel; 12 Jahre Förderung + Jahrzehnte Anlagedauer.
- Default-Mechanismus (automatisch): senkt Hürden, vermeidet Prokrastination, erhöht Teilnahme.
- Finanzbildung: Kinder/Eltern erleben langfristige Anlage praktisch, nicht nur theoretisch.
Kritische Punkte:
- Höhe der Förderung: 10 €/Monat ist symbolisch stark, finanziell aber überschaubar – ohne zusätzliche Eigenbeiträge wird die Rente daraus allein nicht spürbar.
- Konstruktionsfragen: Produktauswahl, Governance, Kostenkappung, Risikosteuerung – schlecht gelöst → Vertrauensverlust (Riester-Erfahrungen!).
- Soziale Treffsicherheit: Einheitliche Förderung vs. zielgenaue Förderung? Debatte offen.
Mit welchen Renditen rechnet die Politik (bzw. Experten)?
Offizielle Renditeversprechen gibt es nicht – das ist auch richtig so, denn sonst wären wir wieder bei Riester, ein teures Produkt mit schlechter Rendite. In Papieren und Medien wird meist mit langfristigen Kapitalmarktrenditen kalkuliert (breit gestreute Aktienmärkte lagen historisch real bei ~5–7 % p. a., je nach Zeitraum und Region). Diese sind aufgrund der langen Laufzeit unserer Meinung vollkommen realistisch. Beispielrechnungen von Verbänden gehen ebenfalls davon aus. 1.440 € über 12 Jahre können über Jahrzehnte sinnvoll wachsen, bleiben aber ohne Zusatzbeiträge allein zu klein für eine spürbare Altersvorsorge. Quintessenz: Signalwirkung und Bildungswirkung sind groß – für die Rente braucht es mehr Zuflüsse.
Steuerliche Behandlung
Nach den diskutierten Eckpunkten sollen die Erträge in der Ansparphase steuerfrei bleiben; eine Besteuerung könnte in der Auszahlungsphase greifen (Finalisierung offen). Das entspricht typischen Vorsorge-Logiken (Einkommensteuer erst beim Zufluss im Alter). Endgültige Details stehen noch aus – bis zum Kabinettsbeschluss kann sich hier Feinschliff ergeben.
Ab wann startet die Frühstart-Rente?
Die Frühstart-Rente ist Teil des zweiten Rentenpakets. Laut Regierungs- und Parlamentskommunikation soll der Beschluss im Herbst erfolgen; als Zieltermin kursiert 2026 (teils Mitte/Ende des Jahres – abhängig vom Gesetzgebungsverfahren und der technischen Umsetzung). Mit Einführung 2026 bzw. spätestens 2027 wird in mehreren Quellen gerechnet.
Wie wird sie beantragt?
Die Politik zielt klar auf möglichst wenig Bürokratie und idealerweise automatische Anlage (Default), damit wirklich alle Kinder erreicht werden. Ob es einen expliziten Antrag braucht oder ob Datenabgleich (z. B. über Melde-/Schulregister) genügt, ist noch offen. Für Sonderfälle (z. B. Wegzug, Schulwechsel, Doppelstaatlichkeit) wird es vermutlich Formulare/Portale geben.
Historie: Wie ordnet sich das ein?
Die Frühstart-Rente knüpft an mehrere Entwicklungen an:
- Rentenpakete 2024/25: Stabilisierung der gesetzlichen Rente; zweites Paket mit kapitalgedeckten Komponenten (u. a. Frühstart- und Aktivrente) ist angekündigt.
- Lernkurve aus Riester: Komplexität und Kosten bremsten Erfolg. Daraus leiten Expert:innen die Forderung nach Standardisierung, Kostendruck und Transparenz ab.
- Ökonomischer Rückenwind: Der Sachverständigenrat (Wirtschaftsweise) bewertet die Idee grundsätzlich positiv, wenn sie richtig designt wird (einfach, günstig, renditeorientiert).
Ausblick: Woran entscheidet sich der Erfolg?
- Default-Design & Kostenkappung: Ein einfaches, günstiges Standardprodukt mit breiter Streuung ist der Kern.
- Niedrigschwellige Abwicklung: Automatisierung, klare Kommunikation – ohne Papierkrieg.
- Andockpunkte für Eigenbeiträge: Wer will, muss leicht aufstocken können (z. B. Eltern/Großeltern). Sonst bleibt die Wirkung klein.
- Finanzbildung: Begleitende Aufklärung erhöht Akzeptanz und verhindert Fehlentscheidungen.
Vergleich: Frühstart-Rente vs. Kindergeld-Rente (unser Ansatz)
Kriterium | Frühstart-Rente | Kindergeld-Rente |
Start & Steuerung | Staatlich initiiert, Default-Produkt; geringe Eigensteuerung nötig | Eltern-getrieben, sofort ab Geburt; freie Anbieter-/ETF-Wahl |
Zufluss | 10 €/Monat staatlicher Zuschuss (12 Jahre) | Frei wählbar: bis zu 255 €/Monat Kindergeld kann investiert werden,
zusätzlich Einmalbeträge und Oma-/Opa-Geld |
Komplexität | Niedrig, wenn gut designed | Gering (Depot, ETF, Sparplan), dafür flexibler |
Finanzielle Hebel | Symbolisch + Bildungswirkung; ohne Eigenbeiträge zu klein | Großer Hebel, wenn Eltern konsequent investieren |
Zeitfenster | Förderung ab 6 bis 18; Anlage bis zur Rente | Ab Geburt möglich
-> mehr Verdopplungen! (72er-Regel) |
Rendite/Produkt | Standardisiert, vermutlich ETFs | Frei wählbar (Breit gestreute ETFs empfohlen) |
Risiko | Aktienmarktrisiko, aber durch lange Laufzeit überwiegen die Chancen. | Aktienmarktrisiko, aber durch lange Laufzeit überwiegen die Chancen.
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Kurz gesagt:
- Die Frühstart-Rente ist ein guter Türöffner in den Kapitalmarkt, setzt ein wichtiges Signal und kann – wenn klug umgesetzt – Millionen Kinder erreichen.
- Die Kindergeld-Rente bleibt finanziell deutlich potenter, weil ihr viel früher startet (ab Geburt) und viel höhere monatliche Beträge bewegen könnt.
- Optimal ist die Kombination: Frühstart-Rente mitnehmen und parallel Kindergeld konsequent anlegen – so addieren sich Zuschuss, Zeit und Zinseszins.
Rechenblick: Was bedeuten 1.440 € tatsächlich?
Als Eindruck: 1.440 € (staatlich) mit realistischen 6 % p. a. und durchgängiger Anlage bis zum 67. Lebensjahr können – je nach Anlagedauer ab Ende der Förderung – auf einen fünfstelligen Betrag wachsen. Das ist nett, aber ohne zusätzliche Sparraten nicht ausreichend für die Rente. Der pädagogische Hebel (früh dran, Kapitalmarkt normalisieren) ist hier mindestens so wichtig wie der Eurobetrag.
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Fazit
Die Frühstart-Rente kann ein konstruktiver Baustein werden: kleine, automatische Förderung, die früh ansetzt, barrierearm ist und den Kapitalmarktzugang normalisiert. Entscheidend für den Erfolg sind ein renditetaugliches Standardprodukt, strikte Kostendisziplin und einfache Prozesse – damit nicht die Fehler der Riester-Ära wiederholt werden.
Allein wird die Frühstart-Rente keine Altersvorsorge sichern. Aber sie kann der Anstoß sein, den viele Familien brauchen.
Und genau hier kommt die Kindergeld-Rente ins Spiel: Zeithorizont maximieren, Beträge erhöhen, diszipliniert investieren. Die Kombination macht aus einem kleinen Zuschuss echte Wirkung – finanziell und pädagogisch.